Ich treffe Yoshi Arao – Export Manager für Europa bei Anzcofood – nach einem Zerlege-Seminar vor Fachpublikumim renommierten Fleisch-Restaurant Hidalgo, das seit Ende 2015 ebenfalls das Luxus-Fleisch im Programm hat. Meine (extra im Internet recherchierte) total original japanische Verbeugung ignoriert er und streckt mir grinsend die Hand entgegen: „Die europäische Begrüßung ist doch super!“.
Überhaupt ist dem bestens gelaunten Mann, der im Auftrag des Mutterkonzerns Itoham (wiederum eine „kleine“ Tochtergesellschaft von Mitsubishi mit ca. 8.000 Angestellten) quer durch Europa reist, kein bisschen Stress anzumerken. „Seit Sommer 2015 wohne ich in Brüssel, dem Hauptsitz von Anzcofood. Meine Familie ist bei mir, alles kein Problem“, grinst er auf die Frage, ob er sich nicht ziemlich alleine fühle in Europa.
Dabei hat er eine Doppel-Aufgabe: Nicht nur den Import von Wayg-Fleisch nach Europa, sondern auch den Export von Schweinefleisch nach Japan muss er koordinieren. Aber darum geht es heute nicht. Yoshi reist von Verkostung zu Verkostung, von Messe zu Messe und wirbt für „sein“ Wagyū, das seine Firma – im Gegensatz zu anderen Wagyū Produzenten – komplett von der Aufzucht der Jungtiere, bis zum Versand, überwacht und kontrolliert. Jedes Stück Fleisch ist anschließend anhand eines zehnstelligen Produkt-Codes bis zum Heimatstall und dem genauen Tier zurück zu verfolgen. Perfektes Qualitätsmanagement eben.
Imitation ist die höchste Form der Anerkennung
Ob er keine Angst habe vor dem nachgemachten Wagyū (also dem in Europa aus der Kreuzung einheimischer Gattungen mit Wagyū-Spermien produzierten Rindfleisch), das hier zu Schleuderpreisen auf den Markt geworfen wird, möchte ich wissen. „Ja“, gibt er zu: „aber nicht davor, dass die Leute den Unterschied nicht erkennen, sondern davor, dass sie denken, Wagyū würde so schmecken, wie die Kopien sie glauben lassen möchten“. Denn die Qualitätsunterschiede sind immens. „Es kommt auf die Genetik an“, weiß Yoshi. „70 % des Geschmacks kommen aus den Genen, der Rest aus hochwertigem Futter – das kriegt man außerhalb von Japan einfach nicht hin“. Und die Fleischstücke, die ich zuvor beim Zerlege-Seminar probieren durfte, brauchen sich wirklich nicht vor der Konkurrenz zu fürchten. Zart marmoriert, unglaublich saftig und zart-schmelzend. Einfach grandios.
Warum jeder einmal Wagyū probiert haben sollte
„Wagyū ist ein Stück japanische Kultur. In ihm vereint sich das Streben nach Perfektion mit der Entwicklung Japans von der Agrarnation zu einer wohlhabenden, offenen Gesellschaft“. Kühe waren früher viel zu wertvoll, um sie zu essen, denn man brauchte sie in der Landwirtschaft. Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts kann man sich den Verzehr von Rindfleisch erlauben. Diese Wertschätzung spiegelt sich noch heute in den Rezepten und Fleisch-Cuts wieder. Es wird so gut wie nichts weg geworfen. Für alle Stücke gibt es ein Gericht.
Und was isst der Fleisch-Experte selbst?
Yoshis Lieblingsrezept ist das aus eben diesen „minderwertigen“ Teilen zubereitete „Nikujaga“. Dazu verwendet man Fleisch vom „Tob Blade Muscle“, das wegen seiner starken Textur klein geschnitten werden muss, aber einen sehr intensiven Geschmack hat. Ähnlich wie unser Gulasch. „Zusammen mit der Sojasoße vermischen sich hier die beiden Umamis“, schwärmt Yoshi und gibt mir lächelnd zum Abschluss unseres Gesprächs noch ein kleines Rezeptbüchlein mit. Werde ich unbedingt nachkochen. Das benötigte Fleisch ist sogar ein richtiges Schnäppchen – gerade mal 30€/kg.
Nikujaga
Zutaten (für 4 Personen)
300-400g dünn geschnittenes Rindfleisch (s. Sukiyaki Rezept; Vegetarier können z.B. Auberginen in dünne Scheiben schneiden)
ca. 400g in große Würfel geschnittenes Rindfleisch (am Besten Rindergulasch kaufen)
3 mittelgroße Kartoffeln in große Stücke geschnitten
1 große Zwiebel ebenfalls in große Stücke geschnitten
3 Karotten grob in Würfel geschnitten
1/2 Packung Shirataki Nudeln
2 Tassen Dashi Suppe
2 EL Mirin
2 EL Zucker
4 EL Sojasauce
1 EL Pflanzenöl
Zubereitung von Niku Jaga
Als erstes schneidet man das Fleisch, Kartoffeln, Zwiebel und die Karotten in große Stücke und erhitzt währenddessen bereits einen Topf mit Wasser.
Sobald das Wasser kocht, schaltet man den Herd ab und gibt in das noch heiße Wasser das in Würfel geschnittene Rindfleisch hinzu. Dies belässt man so lange in dem heißen Wasser, bis alles eine gräuliche Farbe angenommen hat. Danach fischt man es mit einem Sieb aus dem Wasser und legt es auf einen Teller. Dieser Vorgang entfernt überschüssiges Fett und andere Stoffe am Rindfleisch.
Nun erhitzt man in einem weiteren Topf das Pflanzenöl und gibt die Zwiebel und dann das Fleisch hinzu und brät es bis es ein wenig braun ist. Dann die Karotten, Kartoffeln und die Shirataki Nudeln hinzu geben. Das ganze wird nun noch mit der Dashi Suppe übergossen und zum Kochen gebracht. Sobald alles köchelt, nimmt man die Hitze zurück und fügt die übrigen Zutaten, also Zucker, Sojasauce und Mirin hinzu. Dann einen Deckel auf den Topf und so lange vor sich hinköcheln lassen, bis das Gemüse weich ist. Während des Kochens sollte man den festen Schaum, der an der Oberfläche entsteht abschöpfen (siehe Bild).
Wer keine Shirataki Nudeln zuhause hat, kann diese auch weglassen, oder durch Reisbandnudeln ersetzen (wie wir es in diesem Rezept ebenfalls gemacht haben). Oftmals wird in Japan anstatt der Shirataki Nudeln auch einfach Reis als Beilage gegessen – das ist Geschmackssache.
Itadakimasu!
Und Sie? Haben Sie schon mal Wagyū probiert? Wie denn? Als Roastbeef? Rib Eye? Gyodon? Yakiniku? Was ist ihr Lieblingsgericht?